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Waffenlieferungen oder Verhandlungen? Nein - Waffenlieferungen und Verhandlungen!
Datum: Samstag, dem 11. März 2023
Thema: Europa News


Ob Waffenlieferungen oder Verhandlungen vernünftige westliche Vorgehensweisen seien, wird oft alternativ diskutiert. An Verhandlungen führt aber letztlich kein Weg vorbei, wenn ein atomares Inferno vermieden werden soll.

In Verhandlungen (1+1: zwischen der Ukraine und Russland / 2+5: u. U. auch mit Beteiligung der USA, der EU, Großbritanniens, Frankreichs und Chinas) zu klärende Fragen müssen sein:

- Wann beginnt ein Waffenstillstand?
- In welchen Schritten wird der vollständige Abzug russischer Truppen vom gesamten ukrainischen Territorium (inklusive der Krim) realisiert?
- Welche Entschädigungsleistungen erhält die Ukraine von Russland? Beteiligen sich auch andere Länder am Wiederaufbau der Ukraine?
- Wie wird die Strafverfolgung von Kriegsverbrechen organisiert?
- Welche Sicherheitsgarantien werden von wem gegeben?
- Welche Perspektive für eine Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO gibt es?

Ein Ende des Krieges ist derzeit nicht absehbar, eher eine Verlängerung und eine Ausweitung.

Ohne Waffenlieferungen aus dem Westen wäre die Ukraine militärisch dem Aggressor Russland klar unterlegen. Russland würde im geduldeten Siegesfall ein nachahmenswertes Beispiel für gewaltsame Änderungen des territorialen Status Quo schaffen.

Waffen aus dem Westen dürfen die Ukrainer für Angriffe auf russisches Territorium wohl nicht einsetzen, die ukrainische Rüstungsindustrie aber wird immer weiter ausgebaut und stärkt die Ukraine auch massiv in ihren offensiven Fähigkeiten:
- Drohnen aus ukrainischer Produktion haben offensichtlich jetzt schon das Niveau, Ziele in Russland bekämpfen und dafür auch die russische Abwehr überwinden zu können (1).
- Die Produktion von modernen Panzern westlicher Bauart in der Ukraine ist in Vorbereitung (2).
- Kampfflugzeuge aus ukrainischer Produktion dürften auf der Basis vorhandener Flugzeugbaukapazitäten (Antonow!) und mit westlicher Know-how-Unterstützung auch im Bereich des Machbaren liegen!

Die Verbündeten der Ukraine (NATO-Staaten und weitere) werden weiterhin Munition, konventionelle Waffen, Ausrüstung und Hilfsmittel liefern.

Mit dieser Entwicklung dürften die russischen Militärs nicht gerechnet haben. Sie hatten sich ja bereits in der Vorbereitung des Militäreinsatzes in der Ukraine mehrfach verkalkuliert:
- Die Vorbereitungen der Ukraine und ihrer westlichen Unterstützer auf weitere militärische Aktionen Russlands gegen und in der Ukraine blieben zum großen Teil unbemerkt bzw. wurden eklatant unterschätzt.
- Die Aufklärungsmöglichkeiten der Ukraine insbesondere auch mit Unterstützung westlicher Geheimdienste wurden unterschätzt.
- Das "Knacken" der russischen Funkcodes in Syrien blieb unbemerkt.
- Das Potential moderner Panzerabwehrraketen zur Bekämpfung gepanzerter und niedrigfliegender Ziele wurde trotz der im sowjetischen Afghanistankrieg gemachten Erfahrungen unterschätzt.
- Auch das Potential für die Nutzung von Drohnen im konventionellen Krieg wurde falsch eingeschätzt, die Kapazitäten der russischen Rüstungsindustrie für die Entwicklung und Produktion moderner Kampfdrohnen blieben unzureichend.
- Selbst bei der Entwicklung konventioneller Waffensysteme (beispielsweise Raketenwerfer) geriet Russland offensichtlich in einen Rückstand.
- Das Mobilisierungspotential und die Mobilisierungsfähigkeit des Westens wurde unterschätzt.

Zwei Szenarien für die Perspektive des Ukrainekonfliktes erscheinen derzeit am wahrscheinlichsten:

1. Die Beseitigung von Präsident Putin und der Abschluss eines Friedensabkommens:

Die Sanktionen des Westens treffen auch die russische Oligarchen hart und verursachen Ihnen Milliardenverluste. Die Verwertungsbedingungen für die russischen Milliardäre haben sich durch Putins aktuelle Politik stark verschlechtert. Ein Sturz Putins (respektive seine Ermordung) würde einen Frieden auf der Basis eines Friedensabkommen wesentlich erleichtern!

Für diesen Frieden würde Russland einen hohen Preis zahlen müssen - nicht ganz so hoch wie Deutschland nach dem II. Weltkrieg, aber höher als ihn sich heute viele (vor allem auch in Russland) vorstellen können.

Und Russland würde ihn bezahlen - die russischen Milliardäre würden ihn zur Erreichung günstigerer Verwertungsbedingungen durchsetzen!

Gut vorstellbar ist ein Verzicht auf Kriegsbeute aus dem II. Weltkrieg (geraubte Kunstschätze), aber auch die Rückgabe der Kurilen an Japan und die Entlassung von Königsberg (Kaliningrad) aus der russischen Staatshoheit als freie EU-Stadt.

2. Der Ausbruch eines unbegrenzten Atomkrieges zwischen Russland und der NATO:

Sollte Putin nicht durch russische Kräfte abgelöst (beseitigt) werden können und keine der beteiligten Seiten nachgeben (was auch für den Westen angesichts zunehmender Kriegsbereitschaft(3) immer unwahrscheinlicher wird) ist eine immer gefährlichere Eskalation des Konfliktesnicht auszuschließen.

Nach Anwendung taktischer Atomwaffen Russlands in der Ukraine (4) zum Stoppen zunehmender offensiver Aktionen der Ukraine in Russland und darauf folgender massiver militärischer Aktionen der NATO mit konventionellen Waffen (z.B. ein Marschflugkörpereinsatz gegen die russische Schwarzmeerflotte(5)) könnte es nukleare Vergeltungsschläge Russlands z.B. gegen London, Warschau und Berlin geben.

Das Szenario eines unbegrenzten Atomkrieges zwischen Russland und der NATO scheint nur mit einer anderen russischen Führung (ohne Putin) erreichbar!

Derzeit gibt es viele Parallelen zu den Situationen vor den zwei Weltkriegen, es bleibt nur zu hoffen, dass die Menschheit so nicht in den dritten Weltkrieg wie schon in den ersten "hineinstolpert". Und auch während des "komischen Krieges 1939/40" dachte kaum jemand, dass daraus der opferreichste Krieg der Menschheitsgeschichte wird!

Autor: Dr. sc. Harald Hildebrandt

Siehe

(1) Jörg Römer & Oliver Imhof / Spiegel.de: Flug bis fast nach Moskau: Mit diesen neuen Drohnen greift die Ukraine Russland an
(2) Spiegel.de: Rheinmetall will Panzerfabrik in der Ukraine aufbauen
(3) Dr. Harald Hildebrandt: Chronologie: Wie es 2022 zum ersten Atomkrieg in Europa kam (ein fiktionaler Rückblick)!
(4) akob Augstein und Klaus Theweleit: Über soldatische Männer und ihre Exzesse
(5) Ben Hodges (früherer Nato-Befehlshaber Ben Hodges): Unsere Reaktion wird verheerend sein


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